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LEITFADEN Vor diesen Herausforderungen stehen Unternehmen 2025
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Interview-Leonie-Mueller

Leonie Müller: Hybride Arbeit aus dem New Work Van

5 Min. Lesedauer  •  04. Juni 2025

Kernthesen

  • Leonie Müller zeigt, wie flexibles Arbeiten funktionieren kann. Sie arbeitet selbst aus einem Van heraus. Ihre Erfahrungen nutzt sie, um Unternehmen zu beraten.
  • Hybride Arbeit ist ihr zufolge kein Selbstläufer. Sie braucht Struktur, passende Tools und offene Kommunikation.
  • Für eine Verbindung im Team empfiehlt Müller aber echte Begegnung. Sie rät zu regelmäßigen analogen Treffen und sozialen Ritualen auch im digitalen Raum.
  • Müller ist überzeugt, dass der Ort maßgeblich beeinflusst, wie wir arbeiten. Er sollte deshalb bewusst in die Gestaltung von Arbeitsprozessen einbezogen werden.

Über Leonie Müller

Leonie Müller ist Kommunikationswissenschaftlerin, Unternehmensberaterin und Speakerin mit einem besonderen Arbeitsplatz: Ihrem selbst ausgebauten „New Work Van“. Sie ist Autorin des Buchs „Tausche Wohnung gegen BahnCard“, in dem sie von ihrem Versuch berichtet, ein Jahr lang in Zügen zu leben und zu arbeiten. Heute berät sie Unternehmen zu hybrider Zusammenarbeit, kulturellem Wandel und New Work.


Leonie Müller – Expertin für New Work – ©Sylvie Gagelmann

Frau Müller, Sie sind bekannt für unkonventionelle Arbeitsorte – vom Zug bis zum New Work Van. Was treibt Sie an, Arbeit immer wieder neu zu denken?

Mich treibt meine Neugierde an, und ganz Gen Y-mäßig die Frage: Warum ist das so, und geht das auch anders? Ich empfinde es als großes Paradox: Dass wir Menschen hier in Mitteleuropa noch nie so viel Freiheit, Gesundheit und Möglichkeiten hatten, Leben und Arbeiten zu gestalten, und gleichzeitig die Einstellung des „Das haben wir schon immer so gemacht“ so verbreitet ist. Wer wenn nicht wir, haben wann, wenn nicht jetzt die Möglichkeit, neue Arbeits- und Lebensstile auszuprobieren? Nicht nur - das ist mir wichtig zu betonen - für mehr Selbstverwirklichung und individuelle Zufriedenheit, sondern auch für einen gesünderen Planeten, gesündere Menschen, eine stabilere Gesellschaft und eine erfolgreiche Wirtschaft.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrem Van aus – und wie verändert dieser mobile Raum Ihren Blick auf hybride Arbeit?

Einen typischen (Arbeits-)Tag im Van gibt es nicht, verschiedene Faktoren beeinflussen meine Tagesstruktur: Termine vor Ort, wie Workshops und Vorträge, und meine digitalen Meetings und Coachings geben den festen zeitlichen Rahmen vor. Drumherum organisiere ich meinen Vanlife-Haushalt - regelmäßig muss ich meinen Frischwassertank auffüllen, das Abwasser und meinen Müll leeren - sowie meine Treffen mit Freunden und Familie, Fitnessstudiobesuche etc.. Immer geprägt wird mein Arbeitstag von dem Ort an dem ich bin: Ich erkunde eine Stadt, die ich noch nicht kenne, spaziere durch den Wald, neben dem ich geschlafen habe, oder schaue mir ein Museum in der Umgebung an - und bekomme dort auch oftmals Inspirationen für meine Arbeit. Auch ob und wohin ich an dem Tag noch zu meiner nächsten Station hinfahren muss, bestimmt meinen Tagesablauf.

Im inzwischen vierten Jahr im Vanlife habe ich viele Erfahrungen mit der hybriden Arbeit gesammelt, genieße ihre Möglichkeiten und habe Respekt vor ihrer Komplexität. Ich sehe aber auch, dass es sich lohnt, sich mit ihr zu beschäftigen.

Sie beraten Unternehmen zur Zukunft der Arbeit. Welche Herausforderungen begegnen Ihnen aktuell am häufigsten – gerade in Bezug auf hybrides Arbeiten?

Die Herausforderungen bewegen sich je nach Kultur und Reifegrad der Organisationen auf einer sehr großen Bandbreite - von der Diskussion, ob hybrides Arbeiten überhaupt notwendig ist, bis zum Thema der Tools, Formate und kleinen Details der hybriden Zusammenarbeit.

Mein Eindruck ist, dass in vielen Organisationen eine wirklich offene Grundlagendiskussion bisher nicht stattgefunden hat: Hybride Arbeit weder per se zu verteufeln noch für die Lösung aller Probleme zu halten, sondern von Grund auf neugierig-kritisch das Thema zu betrachten. Was bewegt uns zurzeit in der Organisation und Branche, wo können uns hybride Format helfen, und wo nicht? Welche Möglichkeiten gibt es, welche sind für uns sinnvoll und passend? Was können wir schnell ausprobieren, um Erfahrungswerte zu sammeln und mit denen dann den Prozess weiter zu gestalten? Ich appelliere immer, dass es diese Diskussion als Fundament für ein gutes, stimmiges hybrides Arbeitsmodell braucht.

Was unterscheidet für Sie gutes hybrides Arbeiten von „Zoom + Mails“ – und woran scheitert es in der Praxis oft?

Erfolgreiches hybrides Arbeiten hat definierte regelmäßige Formate, Strukturen und klare Regeln und ist angepasst an die Unternehmenskultur. Wir Berater werden oft nach Best Practices gefragt, aber was für das eine Unternehmen super funktioniert, kann für das andere schädlich sein. Es gilt zu klären: Für welche Themen nutzen wir welchen Kommunikationskanal? Wer ist zu welchen Zeiten erreichbar, und wer wann nicht? Wie lernen wir uns menschlich besser kennen, wenn wir nicht jeden Tag zusammen in der Kaffeeküche stehen? Hybride Arbeit ist - genauso wie analoge oder rein digitale - kein Selbstläufer. Überall wo Menschen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu erschaffen, gibt es verschiedene Bedürfnisse, Fähigkeiten und Prioritäten, diese müssen thematisiert und integriert werden. Was als selbstverständlich angesehen und deswegen nicht besprochen wird, produziert oft die meisten Probleme - erst recht, wenn man nicht jeden Tag im gleichen analogen Raum ist.

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Leonie Müller vor ihrem Van – ©Sylvie Gagelmann

Was braucht es aus Ihrer Sicht an physischen oder digitalen Räumen, damit hybride Zusammenarbeit wirklich gelingt?

Wenn Meetings hybrid stattfinden, mit einem Teil des Teams vor Ort und dem anderen digital zugeschaltet, braucht es eine gute technische Infrastruktur, damit die digitalen Teilnehmenden genauso gut sich einbringen können wie die vor Ort, und damit Technikprobleme nicht den Arbeitsflow stören. Bei digitalen Räumen plädiere ich immer dafür, bewusst die Vielfalt an Tools zu nutzen: Nicht alles mit den gängigen Tools zu machen, sondern je nach Format auch Tools wie HyHyve oder Spatial.Chat zu nutzen, die ein eigenes Bewegen und „Zusammenstellen“ im digitalen Raum ermöglichen, so wie wir es aus dem analogen Raum kennen.

Sie haben Ihr Büro bewusst mobil gemacht. Was verändert sich, wenn Arbeit nicht mehr an Orte gebunden ist – für Fokus, Kreativität, Verbindung zu anderen? Was nehmen Sie daraus mit in Ihre Beratung?

Ich würde es so formulieren, dass für viele Menschen Arbeit nicht mehr an einen Ort gebunden ist. Der häufig genutzte Begriff der Ortsunabhängigkeit vermittelt ja auch den Eindruck, dass man unabhängig vom Ort arbeiten könnte, an dem man sich befindet, und das ist psychologisch nicht zutreffend. Denn Raum wirkt - immer, ob wir es aktiv bemerken oder nicht. Diese Wirkung des Raumes und Ortes nutze ich bewusst in meiner Arbeit, sowohl alleine als auch mit Kunden: Beim Walking Coaching hilft das in Bewegung sein, offener zu denken. Wenn ich Coachings in meinem New Work Van veranstalte, lasse ich den Coachee immer bewusst den Ort aussuchen. Manche wollen die Ruhe des Parkplatzes am Waldrand, andere können mit dem Trubel der Großstadt um uns herum gut in ihre Energie finden.

Was würden Sie einem Team raten, das hybrid arbeitet, aber noch nicht das Gefühl hat, „wirklich zusammen“ zu arbeiten?

Erstens: Regelmäßige analoge Formate schaffen, in denen man sich in echt sieht, sich begegnet, zusammenarbeitet und im Teambuilding das Gemeinschaftsgefühl und die Verbindungen verstärkt. Zweitens: Die digitalen Formate der Zusammenarbeit auf den Prüfstand stellen: Haben wir genug, aber auch nicht zu viele und zu schlecht strukturierte Meetings? Haben wir nur inhaltliche Meetings, oder auch Retrospektiven, wo wir auf der Metaebene über unsere Zusammenarbeit, Bedürfnisse und Spannungen sprechen? Sitzen wir auch einfach mal zu einem digitalen Kaffee zusammen und lernen uns besser kennen? Mit einfachen Methoden wie einem kurzen Check In jeden Morgen kann mehr Verbindung und Zugehörigkeit entstehen.

Was wäre Ihr Wunsch für die Arbeitswelt in 5 Jahren – und was tun Sie selbst dafür, dass wir dahin kommen?

Ich hoffe, dass wir in der Arbeitswelt in 5 Jahren noch reflektierter und bewusster Arbeit und Zusammenarbeit gestalten. Dass jeder sich selbst, seiner Persönlichkeit, Stärken und Eigenarten noch bewusster ist, und wir dementsprechend Strukturen, Prozesse und Kultur umso bewusster und menschlicher gestalten. Ich selbst entwickle mich stetig weiter, zurzeit durch Fortbildungen in der Frauenheilkunde, der Paarberatung und der Outdoor Facilitation, denn all unsere Lebensbereiche sind miteinander verbunden und wirken aufeinander, und ich hoffe, durch meinen Lebens- und Arbeitsstil andere inspirieren zu können, selbst immer wieder in die Entwicklung zu gehen.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen der Stackfield Experten-Interviews. Die gegebenen Antworten spiegeln die Meinung der Expertin wider und müssen nicht zwangsläufig der Meinung von Stackfield entsprechen. Die Teilnahme an diesem Interview erfolgte unentgeltlich. Wir bedanken uns herzlich bei Frau Müller für ihre Antworten.

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Christopher Diesing
Über den Autor:
Christopher Diesing ist der COO von Stackfield. Er widmet sich leidenschaftlich gerne dem Produkt Design und ebenso der Photographie.